Peter Schickele

Peter Schickele, Lautlos im Weltraum
Peter Schickele – 17. Juli 1935 – 16. Januar 2024

Über den amerikanischen Komponisten Peter Schickele gibt es aus filmmusikalischer Sicht nicht allzu viel zu berichten. Verdient gemacht hat er sich selbstverständlich mit seinem schönen und passenden Score zu „Silent Running“ („Lautlos im Weltraum“, 1972), dessen Urheberschaft mitunter irrtümlich Joan Baez zugeschrieben wird, obgleich mit der Sängerin lediglich zwei Songs eingespielt wurden.

Erwähnenswert ist vielleicht noch eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit des nun mit 88 Jahren verstorbenen Peter Schickele mit seinem Kollegen John Williams, der mit nunmehr 91 Jahren ebenfalls ein respektables Alter erreicht hat.

Miklós Rózsa: „King of Kings“ – Live-Aufführung aus dem Jahr 2022

LA CAÑADA PRESBYTERIAN CHURCH (28.07.2022)

Samuel Bronstons „King of Kings“ von 1961 mit der großartigen Musik von Miklós Rózsa (1907-1995), arrangiert von Daniel Robbins. Live aufgeführt vom LCPC Orchestra and Chancel Choir am 10. April 2022 unter der Leitung von Jack Lantz.

00:00 – I. OVERTURE

04;32 – II. ROMAN LEGIONS

06:23 – III. NATIVITY

08:31 – IV. THE FEAST OF PASSOVER

11:10 – V. HERODS’S FEAST

12:32 – VI. MIRACLES OF CHRIST

15:33 – VII. THE LORD’S PRAYER

18:05 – VIII. PIETA

21:04 – IX. RESURRECTION & FINALE

Gerald Fried … und ein fast vergessener Film

Gerald Fried, Filmkomponist, Filmmusik
Gerald Fried – 13. Februar 1928 – 17. Februar 2023

„Überleben“ („Supervivientes de los Andes“) ist ein mexikanischer Film aus dem Jahr 1976 unter der Regie von René Cardona, beruhend auf einer wahren Begebenheit, die 1972 großes Aufsehen erregte und noch Jahre danach für öffentliche Diskussionen sorgte.

Eine Maschine vom Typ Fairchild-Hiller FH-227 war am 13. Oktober 1972 mit 45 Menschen an Bord in den Anden abgestürzt und konnte trotz intensiver Suche von den Rettungskräften nicht ausfindig gemacht werden. Aufgrund der ausbleibenden Hilfe und der extremen Notlage begannen einige der Überlebenden damit, die Leichen der Passagiere zu essen, die beim Absturz ums Leben gekommen waren.

Drei Männer machten sich schließlich auf den Weg, um aus eigenen Kräften die Zivilisation zu erreichen. Tatsächlich trafen sie nach Tagen des Herumirrens auf einige Schafshirten, mit deren Hilfe sie Rettungskräfte herbeirufen konnten.

Erst am 23. Dezember 1972 waren alle Überlebenden, insgesamt 16 Personen, in Sicherheit.

Eine bittere Ironie des Schicksals war es, dass sich ca. 30 km von der Absturzstelle entfernt ein leeres Hotel befand, in welchem sich Lebensmittelvorräte, Erste-Hilfe-Kästen und Kleidung befanden. Hätten die Überlebenden das Hotel entdeckt, wäre es vermutlich niemals zum Kannibalismus gekommen.

„Überleben“ – Mexiko, 1976

„Überleben“/„Supervivientes de los Andes“ war der erste Spielfilm, der sich auf das tragische Ereignis bezog, das Drehbuch basierte auf dem gleichnamigen Buch von Clay Blair jr.

Der Film wurde in Europa weitgehendst positiv aufgenommen, hinterließ dennoch keinen nachhaltigen Eindruck; inzwischen ist er nahezu vergessen, beinahe so, als hätte es ihn nie gegeben.

In den USA lief der Film unter dem Titel „Survive!“, war kommerziell gesehen durchaus erfolgreich, wurde jedoch vom Publikum und der Presse eher negativ bewertet. Die New York Times sprach von „einem ärgerlich synchronisierten Film mit rudimentärer Darstellung zu einer manchmal blechernen Musikbegleitung“.

Hierzu muss man wissen, dass „Survive!“ in den USA von Robert Stigwood herausgebracht wurde. Der erfolgreiche Musik- und Filmproduzent ließ den mexikanischen Originalfilm einer umfangreichen Nachbearbeitung unterziehen: u. a. wurde der spanischsprachige Film nun von amerikanischen Schauspielern ins Englische synchronisiert, ganze Filmpassagen wurden umgestellt, und für die Filmmusik verpflichtete Stigwood einen routinierten Hollywood-Komponisten – Gerald Fried.

Das amerikanische Publikum war synchronisierte Filme nicht gewohnt, weshalb es überwiegend verhalten auf „Survive!“ reagierte. Zudem bekamen die Zuschauer hier in einem Top-Film kein einziges Gesicht zu sehen, das man aus einem Hollywood-Streifen oder dem US-Fernsehen gekannt hätte. Der Film wirkte schlicht „unamerikanisch“.

René Cardona legte mit „Überleben“ jedoch im Großen und Ganzen eine solide Arbeit vor. Das Thema Kannibalismus wurde, trotz mehrerer drastischen Szenen, keineswegs voyeuristisch ausgeschlachtet … auch wurden die Überlebenden nicht heroisiert. Der Aufwand der Inszenierung allerdings sowie die verwendete Tricktechnik entsprachen selbst nach damaligen Maßstäben eher einer Fernsehproduktion. Die zwei Jahrzehnte später entstandene amerikanischen Verfilmung „Alive“ (1993) konnte in diesem Punkt schon eher überzeugen.

Gerald Frieds Filmmusik zum „Überleben!“-Film aus dem Jahr 1976 hat nichts „Blechernes“ an sich, wie die New York Times unterstellte. Der von der Zeitung verwendete Begriff „blechern“ bezieht sich vermutlich auf das mit mehrfach besetzten Blasinstrumenten sowie Rhythmusgruppe ausgestattete Orchester, das Fried zur Verfügung stand. Der Sound ähnelte folglich dem einer Big Band .

Gerald Fried bekam den Auftrag, „Überleben“ zu vertonen, noch bevor die amerikanische Postproduktion abgeschlossen war. Es ist davon auszugehen, dass ihm allenfalls Versatzstücke des Streifens gezeigt wurden, bevor er schließlich die Noten niederschrieb.

Er verfasste diverse Musikpassagen, die später am Regietisch von den Verantwortlichen – mit wenig Gespür für dramaturgische Richtigkeit – ins Filmgeschehen eingefügt wurden. Dies erklärt auch, warum die Musik so häufig deplatziert wirkt.

Der Schwerpunkt lag auf optimistischen, euphorischen Passagen, die der gezeigten Szenerie nicht gerecht wurden bzw. erst zum Ende des Films hin angebracht gewesen wären.

„Überleben“ ist kein großer Film, wie sein Nachfolger aus dem Jahre 1993 übrigens auch nicht. Dass der Film inzwischen nahezu vergessen ist, ist insofern kein Drama.

Was die Filmmusik angeht, so bewies Gerald Fried hier, was er in seiner gesamten Karriere als Filmkomponist bewies: er war ein Routinier, aber eben ein sehr kreativer Routinier!

Der am 13. Februar 1928 in New York City geborene Musiker starb am 17. Februar 2023 in Bridgeport, Connecticut.

Gerald Fried

Zum Tode von Burt Bacharach

Burt Bacharach – 12. Mai 1928 – 8. Februar 2023

Burt Bacharach hat über die Jahre Musiken zu rund einem Dutzend Filmen beigesteuert, dennoch wäre es übertrieben, ihn als Filmkomponisten zu bezeichnen. Seine Musik fürs Showbiz vermochte zu gefallen, und das war auch bei Scores wie „What’s New Pussycat?“ (1965) oder „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ (1969) nicht anders.

Der typische Bacharach-Sound strahlte eine einnehmende Unbeschwertheit aus, besaß einen hohen Wiedererkennungswert. Und zwar so ausgeprägt, dass ein Kritiker unterstellte, der Künstler würde stets den gleichen Song komponieren, stets das gleiche Orchesterstück arrangieren.    

Das klingt übertrieben, aber selbst wenn es nur zu einem Teil zutreffen sollte, schien es das Publikum nicht zu stören – es konnte vom unverwechselbaren Sound des Komponisten nicht genug bekommen. Der phänomenale Erfolg gab Burt Bacharach recht. Und das lag daran, dass seine Musik sehr charmant war.

Jerry Goldsmith und Luc Van de Ven: HOUR OF THE GUN! 

Der Belgier Luc Van de Ven gründete 1975 das renommierte Filmmusik-Magazin „Soundtrack!“; er blieb dessen Herausgeber bis zur Einstellung im Jahre 2002. „Soundtrack!“ war zunächst einfaches Fanzine, das sich aber im Laufe der Jahre zu einer professionellen Fachzeitschrift entwickelte.

Kenner verbinden den Namen Luc Van de Ven natürlich auch mit Prometheus Records, ein Label, das u. a. für in Prag produzierten Neueinspielungen bekannt ist.

Aus Tschechien stammende Neuaufnahmen bekannter Filmmelodien tauchten seit der Jahrtausendwende nahezu inflationär auf – bevorzugt auf eiligst zusammengeschusterten Sammelalben. Die Ergebnisse hinterließen dabei häufig einen faden Nachgeschmack: handelte es sich doch oft um arg dünne Süppchen, unambitioniert heruntergeleiert von halbprofessionellen Musikern.

Ganz anders zu bewerten hingegen sind die Aufnahmen, die Luc Van de Ven in Zusammenarbeit mit Tadlow Music in Auftrag gab – beispielsweise die vor zehn Jahren in Prag produzierte Neueinspielung des Goldsmith-Klassikers HOUR OF THE GUN.

Van de Ven legte bei der Produktion Wert auf optimierte Aufnahmetechniken: die Einspielung sollte dem Original möglichst nahekommen, jedoch verbessert durch die Möglichkeiten der digitalen Technik.

Das Ergebnis konnte sich in der Tat sehen lassen. Die Prager Philharmoniker spielten unter der bewährten Leitung von Nic Raine dynamisch und kraftvoll auf, jeder einzelne Musiker beherrschte sein Handwerk. Die Einsätze kamen punktgenau, und einzelne Instrumente, wie beispielsweise die akzentuiert eingesetzte Harfe, ließen sich im Vergleich zur alten Soundtrack-LP wesentlich differenzierter heraushören.

Das oben eingefügte Video ist im Übrigen hervorragend geschnitten, und es macht wirklich Spaß, dem Dirigenten und den Musikern bei der Arbeit zuzusehen.

Jerry Goldsmith – 10. Februar 1929 – 21. Juli 2004

Vangelis 1943 – 2022

Musik wie aus fremden Sphären: Vangelis – 29. März 1943 – 17.05.2022

Zum Leben und Tode von Evángelos Odysséas Papathanassíou, bekannt als Vangelis, wurde in den letzten Tagen viel veröffentlicht. Hier soll es darum gehen, welche Bedeutung der griechische Komponist für das Genre Filmmusik hatte.

Vangelis wurde nachgesagt, dass er dem Komponieren von Soundtracks kein besonderes Gewicht beimaß, dass er im Gegenteil Filmmusik für minderwertig hielt, dass sie seiner Meinung nach nicht einmal eine Musikrichtung sei.

Es wäre selbstverständlich sein gutes Recht gewesen, derartiges zu glauben … allein hätte er mit einer solchen Meinung gewiss nicht dagestanden – weitere Komponisten vertraten und vertreten diese Ansicht, und sogar Musikexperten stimmen solchen Äußerungen mitunter bedenkenlos zu. Wie es letztendlich bei dem einen oder anderen zu einer solchen Fehleinschätzung kommt, ist allerdings eine Frage, die in diesem kurzen Nachruf nicht beantwortet werden soll.

Vangelis war kein Filmkomponist, der mit der Stoppuhr arbeitete, um ganz bestimmte Töne zur richtigen Zeit erklingen zu lassen. Es war nicht sein Anliegen, zu jeder einzelnen Szene die dramaturgisch richtige Musik erklingen zu lassen – und um ehrlich zu sein, beherrschte er dieses explizit handwerkliche Können auch gar nicht … er wollte es nicht lernen, oder es war ihm schlichtweg egal.

Das machte ihn jedoch nicht zu einem schlechten Filmkomponisten. Vangelis war im Gegenteil eine Bereicherung für viele der Filme, zu denen er die Musik beisteuerte, denn nicht jedes Kino- oder Fernseherlebnis wird besser, weil die Musik von einem filmmusikalischen Handwerker stammt, der seine Kompositionen professionell und punktgenau einzusetzen weiß. Es gibt Filme, die keine maßgeschneiderte Musik benötigen, sondern einen Soundtrack, der die visuell dargestellte Stimmung in ihrer Gesamtheit widerspiegelt … Töne, die mit den Bildern auf der Leinwand verschmelzen.

Vangelis vermochte es, überwältigende Klangteppiche zu schaffen, die mit so manchen Film zu einer solchen Einheit wurden. Sein Meisterwerk hierbei war das 1982 in die Kinos gekommen Science-Fiction-Epos „Blade Runner“, die von ihm erschaffenen Synthesizer-Klänge verliehen dem Film eine erstaunliche Tiefe, machten ihn faszinierend und glaubwürdig.

Vangelis und seine bekannteste Filmmusik, die zu „Blade Runner“

Das weltberühmte Thema aus „Chariots of Fire“ gilt den meisten Musikfreunden zwar als ein Jahrzehnte überdauernder Ohrwurm, durchaus von hoher Qualität, aber als Beispiel eines besonders eindrucksvollen Scores blieb die Musik nicht in Erinnerung, was im Wesentlichen daran liegt, dass die „Stunde des Siegers“ nie ernsthafte Bekanntheit erlangte.

Auch „1492: Conquest of Paradise“ wurde ein bekannter und zudem kommerziell außerordentlich erfolgreicher Score. Künstlerisch erreichte Vangelis damit allerdings den Tiefpunkt seiner filmmusikalischen Karriere: Die komplette Partition tritt mit ihrer eindimensionalen Klangkulisse auf der Stelle, und der Komponist kam in keinem Moment über sein altbekanntes Idiom hinaus. Ausgerechnet das berühmte Titelthema ist nahezu peinlich simpel gestrickt, es könnte genauso gut während der Störtebeker-Festspiele heruntergeleiert werden oder zu einer x-beliebigen Rasierwasserwerbung gehören. Der Verkaufserfolg des Soundtrack-Albums sowie die endlos begeisterten Kommentare unter entsprechenden YouTube-Videos dürfen hier wahrlich nicht als Qualitätssiegel gewertet werden.

Aber auch ein solcher Ausrutscher schmälert Vangelis‘ musikalische Bedeutung nicht wirklich, denn selbst die allergrößten Meister haben Inspiriertes und weniger Inspiriertes geschrieben. Und so spricht es letztlich für den am 17. Mai 2022  verstorbenen Komponisten, dass er in jeder Hinsicht ein gehöriges Maß an Vielfältigkeit zeigte.

Zum Tode von Klaus-Peter Hanusa alias Robert Usaczyk

Klaus-Peter Hanusa war ein Radiomoderator, Publizist und Musikproduzent. Er wurde am 9. Januar 1941 in Berlin geboren, er starb am 12. Juni 2021 ebenda.

Im Radio nannte sich Klaus-Peter Hanusa ausschließlich „Robert Usaczyk“, er äußerte sich öffentlich aber nie dazu, warum er ausgerechnet ein solch sperrig klingendes Pseudonym gewählt hatte.

Hanusa war seit den 70er-Jahren für den amerikanischen Sender RIAS-Berlin tätig, der in Folge der deutschen Einheit teils privatisiert, teils in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk integriert wurde. Mit Beginn der 90er-Jahre war Hanusa dann Angestellter des Deutschlandfunks und er blieb dies, bis er 2006 schließlich in Rente ging.

Seine Radiobeiträge drehten sich um Themen wie amerikanische Tanzmusik der 40er-Jahre oder zeitgenössischen Jazz, sein eigentliches Faible war jedoch stets die Filmmusik.

Die Sendungen produzierte er weitgehendst in Eigenregie, oft arbeitete er in einem kleinen Studio, das er sich in seiner Wohnung im damaligen Berliner Bezirk Schöneberg eingerichtet hatte. Mit der „Spätvorstellung“ startete er in den 80er-Jahren ein wöchentliches Magazin, das hauptsächlich filmmusikalische Themen zum Inhalt hatte und das regelmäßig mit dem rasanten „Zombie“-Thema aus „Dawn of the Dead“ (Goblin, 1978) eröffnet wurde.

Hanusa stellte in seiner Sendung Soundtracks vor, berichtete über Neuigkeiten aus der Filmmusik-Szene und interviewte Größen wie Jerry Goldsmith, Rolf Wilhelm („Die Nibelungen“, 1967) und Tony Thomas (Autor des Buches „Music for the Movies“). Miklós Rózsa und andere Filmkomponisten wurden in Specials gewürdigt.

Klaus-Peter Hanusa klagte mitunter über interne Querelen beim RIAS. So habe sich die benachbarte Filmredaktion regelmäßig bei der Sendeleitung über ihn beschwert, da man ihn nicht für zuständig gehalten habe, was das Thema Filmmusik anging. Die Kritik zielte wohl weniger darauf ab, dass Hanusa kein ausgewiesener Experte war und auch kein Musikstudium vorweisen konnte, sondern eher darauf, dass sich die Filmredaktion des Themas liebend gern selbst angenommen hätte.

Nichtsdestotrotz moderierte Hanusa, zusätzlich zur „Spätvorstellung“, mehrmals die „Langen Nächte der Filmmusik“ – Sondersendungen, in denen bis in die Morgenstunden Hörerwünsche erfüllt wurden, außerdem initiierte er mehrere „Filmharmonische Konzerte“, in denen das RIAS-Jugendorchester live vor Publikum spielte.

Mit Christian Hautop erhielt die „Spätvorstellung“ im Jahr 1982 zeitweilig einen zweiten Moderator. Der junge Mann war mit dem Thema Filmmusik jedoch deutlich überfordert, und auch seine schleppende Sprechweise erwies sich als nicht radiokompatibel. Hautop wechselte schließlich zur Sportredaktion der „B.Z.“ („Berliner Zeitung“, Springer-Verlag) und wurde später „Chef vom Dienst“ beim Kölner „Express“.

Für viele Filmmusik-Fans stellte die „Spätvorstellung“ ein wöchentliches Highlight dar. Informationen zum Thema waren in den 80er- und 90-Jahren dünn gesät, weshalb man darüber hinwegsah, dass die Sendungen des Öfteren uninspiriert wirkten oder oberflächlich zusammengeschustert waren. Es kam sogar vor, dass Hanusa seine Sendezeit für private Fehden missbrauchte … so rechnete er eine Viertelstunde lang – aufgeregt und wütend – mit dem Journalisten Rolf Giesen ab. Er beschimpfte unter anderem einen von Giesen mitbetriebenen Filmverleih … dort würde ausschließlich Schrott angeboten.

Dem Eklat war ein privater Streit zwischen den beiden vorausgegangen. Es war kein Geheimnis, dass Hanusa, der gern unter der Gürtellinie austeilte, keine Kritik an der eigenen Tätigkeit vertragen konnte.

Dem Herausgeber eines Fanzines schrieb Hanusa eine ellenlagen Tirade: der Nachdruck des „Wurstblattes“ gehöre verboten, der Herausgeber möge sich in einer Berliner Kneipe betrinken. In der Publikation war ein Silvester-Special kritisiert worden, das Hanusa für den RIAS produziert hatte.

Zeugen beobachteten, wie der kräftig gebaute Klaus-Peter Hanusa einer jungen Asiatin den Zugang zu einem Kino am Kurfürstendamm verwehrte. Er baute sich vor der zierliche Frau auf und ging auch nicht beiseite, als sie längst verzweifelt zu weinen begann. Der Hintergrund des Vorfalls blieb unklar.

Im Internet wurde er im Jahr 2006 gegenüber Dr. Elke Esser ausfallend. Frau Esser war damals Vorstand der Cineropa e.V., und Hanusa schrieb ihr ins Gästebuch, dass dass sie menschlicher „Unrat“ wäre, dass sie „ein Höchstmaß an Dummheit“ erreicht habe. Eine Kampagne gegen Videopiraterie hatte Hanusas Jähzorn geweckt. Zwei seiner Wutreden sind nach wie vor über ein Webarchiv einsehbar.

Freundschaftlich hingegen war Hanusa dem aus Saarbrücken stammenden Richard  Kummerfeldt verbunden. Kummerfeldt hatte im Jahr 1980 den Score zu „Die Nibelungen“ (Rolf Wilhelm) als Schallplatte herausgebracht und rund 1000 Exemplare davon verkauft. Zudem betrieb er bis 1985 den auf Soundtrack-Alben spezialisierten Limelight-Versand.

Richard Kummerfeldt war ein umtriebiger Filmmusik-Fan, Plattenhändler und Musikproduzent.

Hanusa und  Kummerfeldt wirkten lange Zeit zusammen, u. a. produzierten die beiden 1993 eine Neueinspielung des „Miss Marple“-Scores. Kummerfeldt verließ Deutschland später fluchtartig in Richtung Südamerika, die Gründe für sein Verschwinden sind der Öffentlichkeit bis heute nicht bekannt, und vor einigen Jahren soll er an den Folgen mehrerer Schlaganfälle gestorben sein.

Zu Hanusas Freundeskreis zählte auch Thomas Karban (vormals: Karban-Schürmann). Der junge Mann studierte seinerzeit in Bonn Musikwissenschaften und war bekannt für seine kurzen, frechen Filmmusik-Kritiken, die er in verschiedenen Publikationen veröffentlichte. Karban war maßgeblich an der erwähnten Neuaufnahme der „Miss Marple“-Suite beteiligt: er war es, der in Dänemark die Einspielungen mit dem Odense Symfoniorkester organisierte. 1996 verstarb Karban an AIDS.

Zwischen 1985 und 1988 gestaltete Klaus-Peter Hanusa die „Filmharmonischen Blätter“, eine Zeitschrift, von der insgesamt acht Ausgaben in kleiner Auflage erschienen. Die Hefte waren durchaus professionell gestaltet, sie enthielten Interviews, Rezensionen und Essays. Hanusa – der sich seinen Lesern wiederum als Robert Usaczyk vorstellte – arbeitete hierbei intensiv mit dem Österreicher Herbert Martin (1951 – 2019) zusammen, und noch heute werden beide Autoren in verschiedenen Filmmusik-Artikeln der deutschen Wikipedia zitiert.

Herbert Martin stellte für die „Filmharmonischen Blätter“ sein umfangreiches Fachwissen zur Verfügung.

Zeitschriften zum Thema Filmmusik ließen sich in den 80ern nicht in ausreichender Stückzahl absetzen, jedenfalls in Deutschland, weshalb sie von den Machern regelmäßig bezuschusst werden mussten. Das wollte sich auf Dauer niemand leisten. Auch Klaus-Peter Hanusa konnte jeweils nur wenige Hundert Exemplare seiner „Filmharmonischen Blätter“ verkaufen, weshalb er das Blatt (das offiziell von seiner Ehefrau herausgegeben wurde) nach acht Ausgaben einstellte.

Hanusa trat in seinen späteren Jahren auch als Musikproduzent in Erscheinung, u. a. brachte er mehrere CDs für das Marco-Polo-Label heraus. Unter seiner Aufsicht wurden Neueinspielungen der Werke von Waxman, Korngold, Steiner und Tiomkin veröffentlicht.

Klaus-Peter Hanusa hinterlässt seine Ehefrau Birgit Kahle, die wie er zunächst beim RIAS-Berlin tätig war und dann vom Deutschlandradio als Mitarbeiterin übernommen wurde.

Klaus Doldinger

Klaus Doldinger, Das Boot, Filmmusik, Filmkomponist
Klaus Doldinger

Klaus Doldinger wurde am 12 Mai 1936 in Berlin geboren, er wuchs in Wien auf und ging später in Düsseldorf zur Schule, wo er sich schon früh für Musik, speziell Jazz, interessierte. 1947 nahm er Klavierunterricht und 1952 schloss er sich einer Band an, in der er Klarinette und Klavier spielte – mit dieser Band, den Feetwarmers, gab er Konzerte, und er gewann auch erste Preise.

1960 bekam er einen Kompositionsauftrag für einen Zeichentrickfilm, wozu ihn seine Frau, die er ebenfalls 1960 geheiratet hatte, eigenen Angaben zufolge „regelrecht überreden“ musste.

1962 gründete er das Klaus Doldinger-Quartett, und 1963 erschien seine erste Langspielplatte: „Doldinger – Jazz made in Germany.“ Die Platte wurde in 20 Ländern veröffentlicht, auch in den USA – für deutsche Verhältnisse damals eine Sensation.

1964 startete er eine große Auslandstournee: Skandinavien, Italien, Afrika, die damalige Tschechoslowakei, auch ging es in den Nahen Osten.

Als er die Leitung des Gershwin-Musicals „Girl Crazy“ übernahm, erntet er Lob durch die Medien. Die Presse schrieb: „Dass die Musik an diesem Abend nie weich, nie gefühlig, nie aufgeschwemmt wirkt, ist dem famosen Akkompagnement  durch das Klaus-Doldinger-Quartett zu verdanken. Dadurch erhält die Aufführung ihren Swing.“ In der gleichen Zeit trat er auch im legendären Hamburger Star Club auf.

1971 wurde die Gruppe Passport gegründet.

Klaus Doldinger ist Jazzer, Filmmusiker, Musikproduzent, Arrangeur, er hat Hunderte Musiken für Kino und Fernsehen geschrieben. Und das, obwohl ihm manch ein Jazzmusiker Verrat an der guten Sache vorwarf und von kommerziellen Abwegen lamentierte. Doldingers berühmteste Filmmusik ist zweifellos „Das Boot“, aber auch die Titelmusik zur Krimi-Dauerserie „Tatort“ ist jedem Fernsehzuschauer im deutschsprachigen Raum geläufig.

Was wurde aus Richard Kummerfeldt?

Richard Kummerfeldt Südamerika
Richard Kummerfeldt verbrachte seine letzten Lebensjahre in Südamerika

Was wurde eigentlich aus Richard Kummerfeldt, jenem Platten- und CD-Produzenten, der die Filmmusiken eines Rolf Wilhelm in Deutschland populär machte, der mit „Limelight“ und „Celine“ die ersten (fast) reinen Soundtrack-Label in Deutschland gründete, der anschließend mit der CD-Produktion „Tsunami“ eine Besonderheit im damaligen deutschen Urheberrecht geschickt ausnutzte?

Update vom 03.02.2023:

Zu dem Zeitpunkt, als der obige Blogbeitrag erschien, war Richard Kummerfeldt längst nach Südamerika ausgewandert, und mit dem Thema Filmmusik hatte er dem Vernehmen nach nichts mehr am Hut .

Internetveröffentlichungen zufolge soll er bereits vor einigen Jahren an den Folgen mehrerer Schlaganfälle verstorben sein; eine „offizielle Bestätigung“ seines Todes lässt sich im Netz allerdings nicht finden. In den kommenden Wochen wird es hier im Blog einen weiteren Beitrag zum Wirken Richard Kummerfeldts geben.

Schallplatten, die Kummerfeldt unter dem Label „Limelight“ und „Celine“ produzierte.

Toto – Dune, der Wüstenplanet

Toto: „Dune“

Dies war wieder einer dieser Fälle, wo die, die Großes beabsichtigen, ins Leere griffen. Hier: Die Rockformation Toto mit ihrem komponierenden Spezi Marty Paich und den mit Notenstift hilfreich beiseite stehenden TV-Komponisten Allyn Ferguson, sowie den Wiener Symphonikern und dem Chor der Staatsoper. Und – es kam kein einziger würdiger Ton aus diesem Klangschwall herüber: eine dicke musikalische Einheitssoße verschlang auch den letzten Rest vom ehrwürdigen Versuch. Das Beste an der Veröffentlichung waren die zwei Rockarrangements. Toto verstand es eben 5 Musiker zu beschäftigen, aber auch 120 für nichts zu bezahlen.

Thomas Karban

Philippe Sarde – Garcon!

Garcon! Philippe Sarde Soundtrack

Was für Jerry Goldsmith „The Great Train Robbery”, für Victor Young “Quiet Man” und für  Nino Rota die Arbeit mit Fellini war, war für Sarde „Garcon“. Für den Filmerfolg mit Yves Montand schrieb er eine lebhafte, schwungbeladene, an den frühen Strawinsky und amerikanische Musicals erinnernde symphonische Musik, die leider nur die Hälfte der Veröffentlichung füllend, glänzend instrumentiert und mit großem Elan vom London Symphony Orchestra gespielt wurde und dem Zuhörer einen wahrhaft humorig-musikalischen Rundumschlag offerierte.

Da war auch die zweite Hälfte kein Bruch, wenn sie auch willkürlich die Hauptthemen von Sarde-Arbeiten für Claude Sautet zusammenstellt. Eher das Gegenteil, denn sie zeigte Sardes breite Stilpalette, die ihn von allen anderen Franzosen (wie Lai, Legrand und Delerue) unterschied: Sentimentale aber nie zu aufdringliche Themen („Un simple Histoire“), und moderne Rhythmen, die er mit dissonanten Tonfolgen („Mado“), Maestoso-Klängen („Cesar et Rosalie“) oder melancholischen Themen („Un mauvois fils“) verquickte. Ein richtiger Filmmusiker – und so etwas ist und war in Europa sehr rar…

Thomas Karban

Interview – Charles Kálmán

 

Charles Kalman Fabian
Thomas Karban unterhielt sich 1984 mit dem Komponisten Charles Kálmán.

„Sigi, der Straßenfeger“ war Ihr fünfter Film mit dem Regisseur Wolf Gremm. Nach Krimi, Melodram und Psychothriller und nach „Fabian“ (1980) eine Komödie. Wie sind Sie nach einer nostalgischen, mit einer modern-frechen Komödie umgegangen?

Wolf Gremm brachte mich auf den Gedanken, eine rhythmische Musik zu schreiben, aber auch ein Thema für das Mädchen Willy, was ihm allerdings eher als ein Kinderlied vorschwebte – von uns beiden textiert ist es das quasi-Leitthema des Films, weil es am häufigsten ertönt. Für die Liebesszene dagegen wollte er eine romantische Musik haben. Eine eigene Idee brachte ich für die Fiffi-Box ein (dem Hundeklo-Modell, das im Film eine gewichtige Rolle spielt). Hier wollte ich eine Science-Fiction-Musik schreiben, wie man sie von Steven-Spielberg-Filmen her gewohnt ist. Die Idee gefiel Gremm zwar, doch ist die Musiksequenz zu meiner Enttäuschung im Film nicht verwendet worden.

Haben Sie die Musik von Kollegen gehört, als sie an „Sigi“ arbeiteten?

Natürlich –  ich höre immer Musik von Kollegen. Ich glaube, das tut jeder Komponist –  auch einer, der es nicht zugibt. Besonders hat mir die Musik zu „Garcon“ von Philippe Sarde gefallen, die ich während meiner Arbeit an „Sigi“ kennenlernte. Ich finde nichts interessanter als Musik zu hören, die andere schreiben –  allerdings sind für mich Anhören und Abschreiben zwei verschiedene Dinge.

Wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit mit Wolf Gremm?

Das war, weil man manchmal im Leben auch Glück hat: Als Wolf an „Fabian“  arbeitete, lernte ich ihn über einen gemeinsamen Bekannten kennen. Er hörte sich ein paar Nummern von mir an und engagierte mich für die Songs – die restliche Musik sollte zu diesem Zeitpunkt noch von den Oliver Onions geschrieben werden, die vorher mit ihm gearbeitet hatten. Erst später, nachdem meine ursprüngliche Arbeit getan war, bat er mich auch die Background-Musik zu schreiben und wollte, dass ich mich in Dixielandmusik vertiefe. Im Übrigen hatte ich gegenüber einem anderen Komponisten, der zur Debatte gestanden hatte, den Vorteil, die Musik der Twenties gut zu kennen.

Sie haben als musikalisches Leitthema ein Pfeifthema genommen wird sind. Wessen Idee war das nun?

Das war Wolfs Idee. Er sagte mir, dass der Fabian ein etwas lustiger Typ sei, den so manches im Filmleben danebengeht, worauf er pfeift. Während der Arbeit an diesem Film war ich, weil als Barpianist auch Darsteller im Film, in der glücklichen Lage, Wolfs Arbeitsweise kennenzulernen.

Wie lässt es sich überhaupt mit einer Musik erfahrenen Regisseur, wie Wolf Gremm einer ist, arbeiten? Kann es nicht manchmal zu Hahnenkämpfen kommen?

Es lässt sich gut mit ihm arbeiten und ich finde es sehr viel interessanter mit jemandem zu arbeiten, der Musik kennt. Als Komponist ist man ja auch Dramaturg. Das hat schon mein Vater gewusst: „Grüß mir die süßen, reizenden Frauen in Wien“ wäre ohne Zusammenspiel der Librettisten, die ihm eine Zusammenstellung zweier Themen vorschlugen, gar nicht zustande gekommen. Das es auch Missverständnisse gibt, ist schließlich bei jeder Partnerschaft vorkommend. Aber wie sagte Orson Welles im „Dritten Mann“ so treffend:  „300 Jahre Krieg Elend, Not in Europa brachten der Welt da Vinci, Michelangelo und Raffael. 300 Jahre Frieden in der Schweiz brachten der Welt die Kuckucksuhren.“ So ist es auch zwischen Wolf und mir. Wenn immer Frieden ist und man sich verträgt, kann nicht viel dabei herauskommen. Es muss Kämpfe am Arbeitstisch und in Besprechungen geben, um damit etwas Idealeres hervorzubringen.

Im Vorspann von „Sigi“ wird als Co-Composer Klöber genannt. Wer machte was?

Klöber verfasste mit seiner Gruppe „Sexer-Pack“ die Disco-Titel – beispielsweise für die Ladenausräumung – er gab mir aber auch Ideen für einige meiner Musikstücke, die dann auch von seiner Gruppe gespielt wurden.

Zum Film „Nach Mitternacht“ (1981): Ein Film über Gewissenskonflikte im Jahre 1936. Haben Sie bei dieser Filmarbeit, vielleicht durch Ihre eigenen Erinnerungen beeinflusst, Emotionen entwickelt?

Kolossale Emotionen! Mein Vater, Emmerich Kálmán, war Jude. Zwei Jahre später, 1938, hat sich dasselbe in Österreich abgespielt, das alles hat sich bei der Filmarbeit nach oben gekehrt. Denn was da in „Nach Mitternacht“ geschieht, ist noch wesentlich schlimmer in Wien geschehen: Freunde die verschwanden oder ins Konzentrationslager mussten, die flüchteten und auch verzweifelt waren, weil sie weder ein noch aus wussten. Ein Schicksal wie das des Doktor Breslauer, wie es sich im Film abspielt, hat sich in unserem Freundeskreis zigmal abgespielt.

Gerade in diesem Film gibt es eine Szene, wo Ihre Musik das Grauen dieser Zeit verdeutlicht, wenn ein kleines Mädchen, Bertha, vor Erschöpfung tot zusammenbricht, da es ständig gezwungen wurde, ein Lobgedicht auf Hitler aufzusagen. In dem Moment, wo Leska den abgefallen Schuh des Mädchens in die Hand nimmt, setzt eine das Hauptthema paraphrasierende Musik ein – es könnten Glöckchen gewesen sein.

Ja, es war ein mit Glockenspiel entfremdeter Celesta. Bei dieser Sequenz haben wir am Mischpult den Pegel besonders hoch angesetzt, um es ungemein schrill klingen zu lassen. Wieso erwähnen Sie gerade diese Szene?

Weil die Musik hier auf eine ungewöhnliche Weise spielt, dabei wohl auch die klingende Härte das Geschehen ergänzt. Welche Überlegungen haben Sie sich hier gemacht?

Ich hatte bemerkt, dass in diesem Restaurant, wo sich die Tragödie abspielt, vorher ein Playerpiano zu hören ist. So sagte ich mir, dass es schon ein Tasteninstrument sein müsste. Auf jeden Fall wusste ich, dass man hier kein Orchestercrescendo erklingen lassen konnte –  das hätte die ganze Atmosphäre zerstört. Das Letztere ist ein Makel, was besonders den älteren Hollywoodfilmen anhaftet.

Auch in „Fabian“ gibt es ein so stilles Klaviersolo, wenn Fabian seinen toten Freund im Krankenhaus begleitet.

Das ist aber nicht von mir. Wolf greift gern auf bereits vorhandene Musiken zurück, die in diese Periode fallen. Dabei helfe ich ihm auch manchmal. Die Idee der Verwendung der Rossini-Ouvertüre zur „Diebischen Elster“ im Anfang von „Kamikaze 1989“ (wo die Musik von Tangerine Dream geschrieben wurde) ist auch von mir; in dem Beispiel von „Fabian“ wollte er so einen richtigen Jazz-Touch in die Szene bringen und hat ein Stück von Fats Waller genommen.

Gibt es Kollegen, die Sie besonders mögen oder schätzen?

Von den Pionieren Max Steiner, Franz Waxman, Miklos Rozsa, Erich Wolfgang Korngold und Bernard Herrmann. Von den Neuen finde ich eigentlich Goldsmith am besten, weil er sehr intelligent arbeitet und eine eigene Handschrift hat.

Charles Kalman, Filmkomponist
Charles Kalman – 17. November 1929 – 22. Februar 2015

Portrait – Charles Kálmán

Charles Kalman – München wurde ihm zur zweiten Heimat.

Charles Kálmán wurde am 17.11.1929 in Wien, als Sohn des Opernkomponisten Emmerich Kálmán und dessen Frau Vera geboren.

1938 emigrierte die Familie nach Kalifornien, USA, wo Charles amerikanische Schulen besuchte und seine ersten Erfahrungen als Musiker sammelte. 1967 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er mit seiner Frau Ruth (Witwe des „Kommissar“-Komponisten Herbert Jarszyk) in München lebt. Er schrieb zahlreiche Konzertwerke – u. a. Klavierkonzerte, beispielsweise die „Globetrotter-Suite“ deren Charakter irgendwo zwischen U- und E-Musik anzusiedeln wäre.

Ebenso schrieb er zahlreiche Bühnenmusiken, Chansons und Lieder (u. a. für Milva, Harald Juhnke, Evelyn Künneke). Seine Filmmusiken verrieten einen sehr engagierten und auf das Medium Film fixierten Enthusiasten. Für seine Arbeit zu „Kein Reihenhaus für Robin Hood“ erarbeitete er, nachdem er die Bach‘schen Inventionen studiert hatte, ein Thema, von dem er zeitweise nur einzelne Figuren verwendete, und weil er auch ein bisschen jazzen wollte, erfand er ein Saxophon-Thema für die Hauptdarstellerin.

Bei dem TV-Thriller „Hinter der Tür“ stand er dann mit acht Musikern den zumeist 100 Musikern der Herrmann/Hitchcock-Soundtracks gegenüber, die Regisseur Wolf Gremm als Vorbild genannt hatte. Kálmán löste sich aber von den Herrmann-Musiken (bis auf wenige Horror-Interludien) und entwarf unter anderen ein großes H-Moll-Thema, das an das in B-Dur stehende Spieluhr-Thema im Höhepunkt des Films aneckt, womit Kálmán bewusst den schrillen Streicherklang der Duschmordszene aus „Psycho“ umgehen wollte.

Charles Kalman starb im Jahr 2015 in München.

Thomas Karban

Philippe Sarde – Erste Sehnsucht

 

Philippe Sarde Erste Sehnsucht Soundtrack
Philippe Sarde: „Erste Sehnsucht“

Sarde hatte sich hier nicht, wie Lai bei „Bilitis“, von der bildlichen und inhaltlichen Einfachheit des Hamilton-Films befangen machen lassen, sondern arbeitete eine seinem eigenen typischen Idiom verhaftet Musik aus – insbesondere Streicherklang und thematischer Bezogenheit betreffend, wobei vor allem impressionistische Anklänge kaum zu überhören waren. Gekonnt komponiert und durch modulierende Abwechslung und einem zeitweise kammermusikalischen Akzent nie langweilig.

Thomas Karban

Hubert Bartholomae – Das Arche Noah-Prinzip

 

Hubert D. Bartholomae Das Arche Noah Prinzip Filmmusik
Hubert D. Bartholomae: „Das Arche Noah Prinzip“

Ein synthetischer Soundtrack aus deutschen Landen. Nicht die strukturelle Raffinesse und die eingängige Thematik eines Vangelis, doch verlieh Hubert Bartholomae dem Regiedebüt Roland Emmerichs damit wenigstens musikalisch einen gewissen Glanz.

Thomas Karban

Georges Delerue – Silkwood

Georges Delerue Silkwood Soundtrack Filmmusik
Georges Delerue: „Silkwood“

„Silkwood“ konnte man wohl als Georges Delerues amerikanischen Einstieg bezeichnen, da er danach in Los Angeles residierte.

So kehrte er also 1983, 20 Jahre nachdem er die beiden Protagonisten in Melvilles „Millionen eines Gehetzten“ mit einer Mundharmonika auf ihrer Reise durch die USA begleitete, zu Americana (bzw. seiner Interpretation davon) zurück, wenn er seine – wie immer profilierten – Streicher mit Banjo (zeitweise auch rhythmisch im Country-Stil verhaftet) verknüpfte.

Für Abwechslung sorgen die immer traurig-schönen Largo-Stimmungen und Meryl Streeps Darbietung des Country-Songs „Amazing Grace“, der von Delerue im End Title in einem typisch-amerikanischen Lullaby paraphrasiert wurde. Für Delerue-Kenner war „Silkwood“ ein Leckerbissen, und ist für Sammler nach wie vor eine hörens- und anschaffenswerte Veröffentlichung.

Thomas Karban

Georges Delerue – Les Morfalous

Georges Delerue: "Les Morfalous" Soundtrack Filmmusik
Georges Delerue: „Les Morfalous“

Zeitnah zu „Silkwood“ fertigte Delerue in Frankreich die Musik zu diesem Belmondo-Film (deutscher Titel: „Die Glorreichen“) an, wobei es sich hörbar um ein Schnellprodukt gehandelt haben muss. Außer einem aufgepeppten, pathetischen pseudo-barocken Hauptthema und grobschlächtiger Spannungsmalerei, verrät nur „Pour Sophie“ etwas von der Fähigkeit des Komponisten, Zeitkolorit (hier Frankreich um 1940) und Melancholie heraufzubeschwören. Schade.

Thomas Karban